Tourismus & Hotellerie
Investor Talk mit Marco Riederer
Ohne Zahlenbasis ist alles andere Kosmetik
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Wie Marco Riederer Hoteliers rät, neu zu denken und warum echte Verbesserung meist bei den ganz praktischen Dingen beginnt.

Marco Riederer versteht, wie Hotels ticken - operativ, strategisch und unternehmerisch. Er kennt die Mechanismen hinter Hotelbetrieben und sieht, wo Potenziale oft ungenutzt bleiben. Als Geschäftsführer und Gesellschafter der Prodinger Tourismusberatung begleitet er Hotelbetriebe in der gesamten DACH-Region. Ein Gespräch über blinde Flecken im Controlling, fehlenden Überblick über Kosten und warum Excel keine Strategie ersetzt.
Die Branche steht unter Druck - was fehlt den Hotels am meisten?
Struktur. Viele arbeiten noch stark aus dem Bauch heraus, ohne fundierte Zahlenbasis. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Auslastung oder schöne Architektur, sondern um ein klares Verständnis der eigenen Kosten- und Erlösstruktur. Wer das nicht sauber aufsetzt, kann auf Dauer nicht wirtschaftlich führen. Und genau da braucht es neue Werkzeuge und Denkweisen.
Worauf kommt es gerade besonders an in der Hotellerie?
Auf Überblick und Fokus. Früher hat man gesagt: „Hauptsache, die Auslastung passt.“ Heute reicht das nicht mehr. Energiepreise, Personal, Waren - alles ist teurer geworden. Und viele wissen gar nicht, was ihre Leistungen kosten oder bringen. Es fehlt die Übersicht, oft sogar die Bereitschaft, wirklich genau hinzusehen.
Wo liegen die häufigsten blinden Flecken?
Bei der Planung. Es wird oft vergangenheitsorientiert budgetiert - einfach ein bisschen auf den Vorjahreswert draufgerechnet. Aber das ist keine strategische Planung. Es geht darum, sich jede Kostenstelle und jeden Erlöskanal anzuschauen. Und da kommt oft Überraschendes zutage.
Zum Beispiel?
Ein Klassiker: Begrüßungsgeschenke im Wert von zwei Euro am Zimmer. Zwei Euro wirken harmlos, aber bei 10.000 Nächtigungen pro Jahr reden wir von 20.000 Euro. Das wird oft nicht bewusst wahrgenommen, ist aber bares Geld. Oft braucht es einen genauen Blick auf die scheinbar kleinen Dinge.
Wo lässt sich am meisten steuern?
Im operativen Bereich. Dienstplanung, Öffnungszeiten, Wareneinsatz, Menüstruktur - da liegt enorm viel Potenzial. Auch bei der Angebotsgestaltung: Muss ich wirklich ein Fünf-Gänge-Menü anbieten, wenn der Gast eigentlich etwas Einfacheres möchte? Und die Preisgestaltung - viele verkaufen sich unter Wert, weil sie glauben, sonst nicht wettbewerbsfähig zu sein.
Ein Bereich, den du oft ansprichst, ist die Küche. Warum?
Weil dort sehr viel Personal gebunden ist und viele Betriebe arbeiten noch nach dem klassischen Hierarchiemodell: Küchenchef, Souschef, Chef de Partie usw. Dabei ließe sich mit Prozessküchen und klaren Abläufen viel effizienter arbeiten - mit weniger Fachkräften, aber besser strukturiert. Das heißt nicht, dass es schlechter wird. Im Gegenteil: Der Gast bekommt verlässlich Qualität, der Betrieb spart Ressourcen. Und: Ich muss mich ehrlich fragen, ob ich das volle gastronomische Angebot überhaupt noch brauche oder will.
Was beobachtest du beim Thema Digitalisierung?
Viel Unsicherheit. Manche probieren jedes Tool aus, ohne Plan. Andere blockieren komplett. Beides ist nicht zielführend. Digitalisierung muss einen Zweck haben und sie muss zum Betrieb passen. Tools wie profitize machen Sinn, wenn sie helfen, Daten zu verstehen und Entscheidungen vorzubereiten. Aber sie ersetzen nicht das Denken.
Wie holt man das Team bei Veränderungen mit?
Indem man sie einbindet. Wer ein System einfach überstülpt, bekommt Widerstand. Wer erklärt, was es bringt und was es vereinfacht, bekommt Akzeptanz. Digitalisierung muss als Hilfe verstanden werden, nicht als Kontrolle oder Mehrbelastung.
Was hat dich an profitize konkret überzeugt?
Der ganzheitliche Ansatz. Es bringt Finanzdaten aus unterschiedlichen Quellen zusammen. Ich glaube einfach, dass es ein Tool ist, das helfen kann, den Überblick zu behalten und das auch kleinere Betriebe unterstützt, zu verstehen: Wo stehen wir? Wo geht die Reise hin? Und das ohne ein teures Controlling-Team. Es zeigt nicht nur, was war, sondern hilft, fundierte Entscheidungen für die Zukunft zu treffen - genau das fehlt vielen heute.
Was würdest du einem jungen Hotelier mit auf den Weg geben?
Mach dir zuerst Gedanken über dein Produkt. Wer bist du? Was bietest du an und für wen? Diese Fragen kommen in der Praxis oft viel zu spät. Ich sehe immer wieder Projekte, bei denen vor lauter Eifer schon die Architekturpläne fertig sind - durchgeplant bis ins Detail. Aber es wurde noch nicht definiert, welche Zielgruppe man eigentlich ansprechen will. Das ist gefährlich. Erst wenn du dein Angebot, deine Marktposition und deine Gäste kennst, kannst du auch entscheiden, wie es aufgebaut sein muss und wie es sich am Ende auch rechnet.
Marco, danke für das Gespräch!
Zur Person:
Marco Riederer ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Prodinger Tourismusberatung sowie Investor bei profitize. Nach Stationen bei der Österreichischen Hoteliervereinigung und leitender Funktionen in einem großen Wiener Stadthotel berät er heute Hotels im gesamten DACH-Raum in den Bereichen Strategie, Digitalisierung und Profit Management.
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